Unsere Antwort auf die Anfrage der Westfälischen Nachrichten bzgl. Audioaufnahmen unserer Demo

Screenshots der WN-Anfrage

Sehr geehrter Herr X,

vielen Dank für Ihre E-Mail. Sie dürfen die folgende Antwort gerne, ausschließlich ungekürzt, zitieren.

„Die beiden Aussagen sind auf unserer Demonstration getätigt worden.

1. Zunächst einmal möchten wir darauf hinweisen, dass die Aussage zu Vergewaltigungen am 7. Oktober verkürzt dargestellt wurde. Der Satz wurde nicht zu Ende zitiert, stattdessen wurde die Audioaufnahme, die Ihnen geschickt wurde, gestoppt.

Der vollständige Satz lautete: „Alle Welt spricht von Vergewaltigungen, die am 7. Oktober stattgefunden haben sollen, obwohl es keinen Beleg dafür gibt, obwohl Israel jede unabhängige Untersuchung verweigert.“

Die Aussage, dass am 7. Oktober keine Vergewaltigungen stattgefunden haben, ist falsch. Sie gibt nicht die Meinung unserer Gruppe wieder. In nahezu jedem bewaffneten und kriegerischen Konflikt kommt es zu Vergewaltigungen. Frauen sind patriarchalen Strukturen und sexualisierter Gewalt in solchen Situationen besonders ausgeliefert. Das trifft auch auf den 7. Oktober zu.

Dass die Audioaufnahme nicht den ganzen Satz wiedergibt, ist wiederum kein Zufall. Den Personen rund um „Plattform Minimum“ (zionistische Gruppierung, die die Aufnahmen auf der Demo gemacht und anschließend veröffentlicht hat) geht es darum, zu verschleiern, dass noch immer keine unabhängige Untersuchung der Ereignisse des 7. Oktober existiert.

Im Bericht der UN-Sonderbeauftragten für sexuelle Gewalt bei Konflikten, Pramila Patten, über sexuelle Gewalt am 7. Oktober heißt es: „Der fehlende Zugang und die mangelnde Zusammenarbeit der israelischen Behörden mit der Unabhängigen Internationalen Untersuchungskommission für die besetzten palästinensischen Gebiete, einschließlich Ost Jerusalem und Israel (IICOI) und dem Amt des Hohen Kommissars für Menschenrechte (OHCHR) trotz deren rechtzeitiger Aufforderung, die Ereignisse vom 7. Oktober und ihre Folgen zu untersuchen, [führten] dazu, dass keine von den Vereinten Nationen stammenden oder überprüften Informationen über sexuelle Gewalt im Zusammenhang mit den Angriffen der Hamas und anderer bewaffneter Gruppen verfügbar waren.“

Außerdem wird Israel empfohlen, „dem Amt des Hochkommissars für Menschenrechte und der unabhängigen internationalen Untersuchungskommission für die besetzten palästinensischen Gebiete, einschließlich Ost-Jerusalem und Israel, unverzüglich Zugang zu gewähren, damit sie umfassende Untersuchungen aller angeblichen Verstöße durchführen können, die die vorläufigen Ergebnisse des vorliegenden Berichts vertiefen würden.“ [1]

Der Redner vertritt im Übrigen selbst nicht die Meinung, dass es am 7. Oktober keine Vergewaltigungen gegeben habe. Seine Absicht in der spontanen, nicht vorbereiteten, und offensichtlich emotional aufgeladenen Rede war es, auf die deutsche Medienberichterstattung einzugehen, die nicht haltbare Vorwürfe von systematischer und gezielt als Kriegswaffe eingesetzter Vergewaltigung am 7. Oktober verbreiten [2], während sie über die dokumentierten Vergewaltigungen von Palästinenser:innen kaum oder gar nicht berichten [3] [4] [5]. Das wird ersichtlich, wenn die Äußerungen vor und nach dem Satz mit einbezogen werden, die auch aus der Aufnahme geschnitten wurden (s. unten). Dass die Aussage sich auf Vergewaltigung als solche bezieht und nicht auf die Vorwürfe systematischer Vergewaltigung, ist ein Fehler, der nicht hätte passieren dürfen.

2. Die zweite Aussage, die zitiert wird, handelt von der Behauptung, dass israelische Babys und Kinder am 7. Oktober geköpft worden seien. Dass Sie uns um Stellungnahme zu dieser Aussage fragen, ist irritierend. Wir stehen hinter der Aussage der Rednerin und fragen Sie, ob Sie die Geschichte der 40 enthaupteten Babys noch immer für wahr halten. Die Pressestelle der israelischen Regierung hat längst zugegeben, dass diese Geschichte falsch ist. [6] Die enthaupteten israelischen Babys und Kinder existieren nicht. Dennoch ging diese Geschichte um die Welt und hängt in den Köpfen der Menschen fest. Sie dient dazu, die Palästinenser zu entmenschlichen und als Monster darzustellen, und dadurch den Vernichtungskrieg gegen die Bevölkerung Gazas zu rechtfertigen. Die Medien, die sich an der Verbreitung dieser Lügengeschichte beteiligten, sind ihrer Verantwortung nicht nachgekommen, die Aufdeckung dieser Geschichte in gleicher Weise zu verbreiten.

Auf der anderen Seite existieren tatsächlich Bilder und Videos von einem palästinensischen Baby, das beim israelischen Massaker in Rafah am 27. Mai enthauptet wurde. Diesmal blieb der Aufschrei in den Medien aber aus. [7]

3. Im Zusammenhang mit dem 7. Oktober wurden zahlreiche Aussagen über Gräueltaten palästinensischer Kämpfer verbreitet, die sich als Lügen herausstellten. Wir haben für Sie eine kleine und unvollständige Übersicht erstellt:

• Der israelische Armee-Oberst Golan Vach behauptete im Fernsehen, dass acht Babys von der Hamas hingerichtet und verbrannt worden seien
• Ersthelfer Eli Beer sagte im Fernsehinterview, dass zwei Babys in einen Ofen gesteckt und verbrannt worden seien
• US-Außenminister Anthony Blinken reproduzierte im Fernsehen die Geschichte einer vierköpfigen Familie: dem Vater sei ein Auge ausgestochen worden, der Mutter die Brust abgeschnitten, dem Mädchen der Fuß amputiert und dem Jungen die Finger abgeschnitten worden, bevor sie alle hingerichtet worden seien
• Yossi Landau von der ultra-orthodoxen Ersthelfer-Gruppe ZAKA behauptete bei einer Pressekonferenz, einer schwangeren Frau sei der Bauch aufgeschlitzt worden und ihr Fötus sei herausgerissen und erstochen worden [8]
• Ein Armee-Offizier sagte im Interview, dass die Hamas getötete israelische Babys an einer Wäscheleine aufgehangen habe [9]
• Olaf Scholz und Annalena Baerbock verbreiteten in Live-Auftritten Lügen über angebliche Videos von Hamas-Kämpfern, in denen Vergewaltigungen zu sehen seien [10]

4. Am 7. Oktober 2023 sind palästinensische Widerstandsgruppen (und Zivilisten) aus dem größten Freiluftgefängnis der Welt, Gaza, ausgebrochen. Auf israelischer Seite wurden etwa 1.140 Menschen getötet. Eine unabhängige Aufarbeitung der Ereignisse des 7. Oktober gibt es bisher nicht. Während außer Frage steht, dass hunderte israelische Soldat:innen, Sicherheitskräfte, unbewaffnete Israelis und ausländische Arbeiter:innen durch palästinensische Kämpfer getötet wurden, ist ungeklärt, wie viele Israelis durch israelischen Beschuss selbst getötet wurden. Nachgewiesenermaßen wurde in Reaktion auf den Angriff bewaffneter palästinensischer Gruppen an vielen Orten die Hannibal Direktive aktiviert, die es der israelischen Armee erlaubt, auf Israelis zu schießen, um ihre Gefangennahme zu verhindern. [11]

Der 7. Oktober folgt auf 75 Jahre Genozid am palästinensischen Volk, 56 Jahre israelischer Besatzung über den Gaza-Streifen, 16 Jahre Belagerung und Blockade des Gaza-Streifens. Er folgt auf die friedlichen Proteste der Bevölkerung Gazas in den Jahren 2018 und 2019, als zehntausende an den Gefängniszäunen demonstrierten, um ein Ende der Blockade, ihr international anerkanntes Recht auf Rückkehr und ihr Recht auf ein menschenwürdiges Leben einforderten. Diese friedlichen Proteste wurden von Israel blutig niedergeschlagen, 200 von Scharfschützen getötete Palästinenser:innen und 29.000 Verletzte, von denen viele bis ans Ende ihres Lebens körperlich behindert sein werden. Der 7. Oktober folgt auf das Schweigen der internationalen Gemeinschaft, die Ignoranz der Welt, die verschlossenen Augen und die Komplizenschaft der mächtigen Nationen dieser Welt in der Aufrechterhaltung der israelischen Besatzung. Der 7. Oktober folgt auf 4 grausame Kriege, die Israel in nur 13 Jahren gegen die Bevölkerung Gazas geführt hat.

5. Wir fragen Sie: Was ist Ihrer Ansicht nach VOR dem 7. Oktober passiert? Was ist ihrer Ansicht nach NACH dem 7. Oktober passiert? Wir möchten Sie ermutigen, diese Fragen zu beantworten, damit wir Ihren Standpunkt als Journalisten kennen. Bisher haben Sie sich vor allem darüber hervor getan, falsche Antisemitismus-Definitionen zu nutzen, um uns öffentlich zu diffamieren. [12]

Mit freundlichen Grüßen
Palästina Antikolonial

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Komplette Aussage des Redners: „Verschließt nicht eure Augen vor der Realität. Verschließt nicht eure Augen, was in Palästina passiert, was die israelische Armee, was die Siedler an Verbrechen am palästinensischem Volk begehen. Ihr habt in den deutschen Nachrichten es nicht mitbekommen, weil nicht darüber berichtet wird, dass Berichte raus gekommen sind, dass palästinensische Gefangene in den israelischen Folterlagern gefoltert werden, dass sie vergewaltigt werden. Ihr habt nicht mitbekommen, dass im israelischen Parlament Leute sagen, es ist in Ordnung, wenn palästinensische Männer mit Eisenstäben anal penetriert werden. Es ist in Ordnung, wenn Palästinenser vergewaltigt werden. Das sagen israelische Abgeordnete im Parlament. Und diese Politik wird von Deutschland unterstützt. Alle Welt spricht von Vergewaltigungen, die am 7. Oktober stattgefunden haben sollen, obwohl es keinen Beleg dafür gibt: obwohl Israel jede unabhängige Untersuchung verweigert. Und stattdessen sehen wir tagtäglich, Woche für Woche, Berichte und Videos von Palästinensern und Palästinenserinnen, die vergewaltigt, misshandelt, gefoltert werden. Das ist die Realität. Aber die Medien in diesem Land, sie berichten genau andersrum. Sie stehen an der Seite der Besatzung, an der Seite des Völkermords, an der Seite des deutschen Staates und des deutschen Imperialismus.“

Quellen: