In einem mehr als widersprüchlichen Prozess wurde unser Genosse Ramez zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen je 30 Euro verurteilt. Das Wichtigste zuerst: Der Richter bestätigte, dass die Auflagen der Polizei aller Voraussicht nach „rechtswidrig“ waren. Er bezog sich aber auf eine Rechtsprechung, die auch den Verstoß gegen rechtswidrige Auflagen als strafbar einstuft. Der Richter meinte, wir hätten im Vorhinein gegen die Auflagen klagen müssen. Konkret ging es um den Satz, dass Israel kein Existenzrecht hat, sowie um den Spruch „From the River to the Sea“. Beide Aussagen fallen nach Ansicht des Richters also unter die Meinungsfreiheit, führten aber dennoch zu einer Verurteilung.

Diese Rechtsprechung ist ein klarer Angriff auf die Versammlungsfreiheit. Das Urteil schreibt vor, dass Auflagen der Polizei im Vorhinein unter erheblichem Aufwand von finanziellen und zeitlichen Ressourcen gerichtlich überprüft werden müssen, um später einer Verurteilung zu entgehen.

Auch im zweiten Anklagepunkt, der Beleidigung eines Polizisten, wurde der Genosse schuldig gesprochen. Und das, obwohl der anzeigende Polizist vor Gericht mehrere Aussagen tätigte, die sich bei Sichtung des Beweisvideos als falsch herausstellten. Der Polizist sagte aus, während der vermeintlichen Beleidigung zu zweit mit einem weiteren Polizisten am Rande der Versammlung gestanden zu haben, es habe ein freies Sichtfeld und direkten Blickkontakt zwischen ihnen und unserem Genossen gegeben. Im Video sind aber mindestens vier Polizist:innen nebeneinander stehend zu sehen, vor ihnen stehen zahlreiche Versammlungsteilnehmer:innen, und es ist nicht ersichtlich, ob es überhaupt einen direkten Blickkontakt gegeben hat.

Das Video zeigte aber vor allem: Der Satz, der in der Anklageschrift stand und vom Polizisten vor Gericht auch bestätigt wurde, nämlich „Ihr seid Bullenschweine, seid nicht so empfindlich, ihr seid Bullenschweine“ wurde NICHT geäußert.

Ein anwesender Reporter der Lokalzeitung „Westfälische Nachrichten“ druckte diese Aussage trotzdem als vermeintliches Zitat unseres Genossen ab. Damit produzierte er wieder einmal einen verleumderischen Beitrag über unseren Genossen und unsere Gruppe und verstieß gegen die journalistische Sorgfaltspflicht.

Die Staatsanwältin meinte vor Verlesen ihrer Anklage, es gehe nicht um unsere politischen Ansichten oder um unsere Werte, sie habe die Anklage selbst gar nicht verfasst und am Prozesstag das erste Mal gesehen. Worum es gehe, seien die „Regeln, die in unserer Gesellschaft eingehalten werden müssen“ und die dazu da seien, uns zu schützen. Damit verschleierte sie die klar politisch motivierte Repressionswelle, die der Staat gegen palästinasolidarische Aktivist:innen losgetreten hat.

Wir verurteilen das Urteil, das unser Grundrecht auf Versammlungsfreiheit massiv einschränkt. Wir prüfen, ob wir in Berufung oder Revision gehen. Schon jetzt ist klar: Wir lassen uns den Mund nicht verbieten und werden uns weiterhin für ein freies Palästina einsetzen, vom Fluss bis zum Meer!

Letzte Änderung: 27. Mai 2025