Die Universität Münster hat einige Verbindungen mit israelischen Universitäten und Unternehmen, die eine zentrale Rolle in dem kolonialen System Israels spielen. Welche Rolle israelische Universitäten in diesem System einnehmen erklären wir hier.

Solche Beziehungen zu israelischen Universitäten zu pflegen und damit ihre Rolle im Kolonialregime zu ignorieren, darüber hinaus sogar zu leugnen, führt zu einer Normalisierung der Unterdrückung des palästinensischen Volkes, in den von Israel mehr oder weniger kontrollierten Gebieten (Gaza, Westjordanland, Ostjerusalem und die in 1948 besetzten Gebiete (heute Israel)).

Was bedeutet Normalisierung?

Normalisierungtatbee’ auf Arabisch – bedeutet, etwas, das grundsätzlich nicht normal ist, wie Unterdrückung und Ungerechtigkeit, so darzustellen oder zu behandeln, als wäre es normal.

Normalisierung mit/von Israel bedeutet demnach, die Besatzung, Apartheid und Siedlerkolonialismus als normal erscheinen zu lassen und normale Beziehungen mit dem israelischen Regime aufzubauen, anstatt den Kampf des palästinensischen Volkes zu unterstützen, der darauf abzielt, die abnormalen Bedingungen und Strukturen der Unterdrückung zu beenden.

BDS National Committee

Wie wird Normalisierung ausgeübt?

Normalisierung zeigt sich in gemeinsamen israelisch-palästinensischen Projekten (also eine nach außen nette Zusammenarbeit, die sich für Frieden einsetzt), wenn diese mit israelischen Institutionen stattfinden, die die 3 Rechte der Palästinenser*innen laut BDS-Aufruf nicht anerkennen:

  • das Recht auf Rückkehr,
  • das Ende der Besatzung und Kolonisierung aller arabischen Gebiete, und
  • die Gleichberechtigung der palästinensischen Bürger*innen Israels.

Die Normalisierung zeigt sich auch durch gemeinsame (Forschungs-)Projekte, kulturelle Aktivitäten, akademische Kooperationen oder Konferenzen mit israelischen Institutionen, die die Rechte der Palästinenser*innen nicht anerkennen und direkt oder indirekt an der Aufrechterhaltung von Besatzung und Unterdrückung beteiligt sind. Solche Formen der Zusammenarbeit vermitteln den Eindruck von Gleichberechtigung und „Normalität“, während die strukturelle Ungerechtigkeit fortbesteht.

Und in Münster…?

Die Universität Münster unterhält zahlreiche Forschungskooperationen und Austauschprogramme mit israelischen Hochschulen und Unternehmen. Diese sind tief in das politische, militärische und ideologische System eingebettet, indem sie die Unterdrückung der Palästinenser*innen materiell und ideologisch aufrechterhalten.
(Mehr Infos findest du hier). Außerdem hat die Uni Münster Verträge mit Tech-Unternehmen, die an der Unterdrückung des palästinensischen Volkes mitwirken und davon profitieren.

Die Realität der Palästinenser*innen wird nicht angemessen angesprochen oder es wird keinen Raum dafür geschaffen. Außerdem lehnt die Uni Münster jede Aktion für ein freies Palästina ab. Die Universitätsleitung verhinderte Filmvorführungen und drohte mit Exmatrikulation gegen palästina-solidarische Studierende.

Austauschprogramme mit israelischen Partneruniversitäten der Universität Münster

Studierende der Universität Münster können für ein Semester an einer israelischen Partneruniversität studieren. Diese Auslandsstudienprogramme zielen darauf ab, internationalen Studierenden eine “positive Erfahrung” mit Israel zu ermöglichen und dabei die Besatzung sowie die Unterdrückung und Entrechtung der Palästinenser*innen zu verbergen. Nirgendwo liest man auf der Seite der Universität Münster, wie Palästinenser*innen innerhalb dieser Institutionen behandelt werden bzw. wie sie systematisch unterdrückt werden. Was man finden kann, sind Berichte und Eindrücke von Studierenden, die ihr Auslandssemester genossen haben, ohne Kritik an der Besatzung zu äußern.

In den Fachbereichen bzw. Instituten Evangelische und Katholische Theologie, Jüdische Studien, Geschichte, Archäologie und Philosophie, sowie Musik gibt es die Möglichkeit, an einer dieser Unis ein Auslandssemester im Rahmen der Erasmus+ Förderung zu studieren:

  • Bar-Ilan Universität
  • Ben-Gurion-Negev Universität
  • Tel Aviv Universität
  • Hebräische Universität Jerusalem
  • Jerusalem Academy of Music and Dance
  • Weizmann Institut

Hier sind mehr Informationen zu den jeweiligen israelischen Unis, wie sie an der Vertreibung, Ermordung und Unterdrückung von Palästinenser*innen beteiligt sind.

Jerusalem, im Hintergrund ist die Hebräische Universität auf dem Mount Scopus zu sehen. Photo credits: SerFF79/stock.adobe.com
Jerusalem, im Hintergrund ist die Hebräische Universität auf dem Mount Scopus zu sehen. (Foto- Credits: SerFF79/stock.adobe.com)

Unterschreibt den offenen Brief hier!

Wir fordern, dass die Institute mit sofortiger Wirkung diese Austauschprogramme und die Partnerschaften mit israelischen Universitäten einstellen.

Forschungsprojekte

Die folgenden Forschungsprojekte, an denen die Uni Münster sich gemeinsam mit israelischen Universitäten und Unternehmen beteiligt, werden alle von Horizon Europe finanziert.

  • RESILIENCE PPP (Religious Studies Infrastructure: tooLs, Innovation, Experts, conNections and Centres in Europe Preparatory Phase Project) mit der Bar-Ilan-Universität.
  • INCITE (Insect Clock Initial Training Experience) und CISSE (Chiral-Induced in Selectivity Effect) mit der Hebräischen Universität
  • TReND (Transnational Research Network in Motor Disorder Rehabilitation) mit der Tel-Aviv-Universität
  • INCITE (Insect Clock Initial Training Experience) mit der Universität Haifa
  • HEPINIB (Heparanase inhibition as a multifunktional targeting approach in cancer) mit dem Technion 
  • CISSE (Chiral-Induced in Selectivity Effect) mit dem Weizmann Institut

Außerdem arbeitet die Uni Münster an Forschungsprojekten mit diesen Unternehmen, die die koloniale Unterdrückung ermöglichen und/oder davon profitieren:

Partnerschaften mit mitschuldigen Tech-Unternehmen: CISCO und Dell

Die Uni Münster nutzt den VPN-Client Cisco Any Connect für Studierende und Mitarbeitende und wird durch Dell mit technischen Gerätschaften wie Computer ausgestattet.

CISCO Systems

Wer ist Cisco Systems?

Cisco Systems ist ein US-amerikanisches Telekommunikationsunternehmen. Es bietet verschiedene Lösungen für Bereiche des Netzwerkbetriebs und anderen IT-Bereichen an. Einer breiten Öffentlichkeit wurde Cisco 2013 bekannt. Sicherheitsforscher*innen entdeckten eine absichtlich eingebaute Backdoor in Routern von Ciscos und anderen US-Amerikanischer Routerherstellern. Die Sicherheitslücke sollte „Sicherheitsbehörden“ totale Überwachung ermöglichen.

Cisco Systems Komplizenschaft

Cisco Systems stattet das israelische Militär (IDF) mit dem „Cisco Unified Communications“-System aus. Das System zentralisiert den Austausch Daten, wie z.B Videos und Sprachaufnahmen zwischen den verschiedenen Militäreinheiten des israelischen Militärs und ermöglicht eine erhöhte Effizienz der Abläufe.

Cisco Systems war außerdem maßgeblich am Aufbau des größten Datenzentrums „David’s Citadel“ der IDF in der Naqab (hebr. Negev) im Jahr 2019 beteiligt. Das Datenzentrum liegt unter der Erde und ermöglicht es der IDF die sehr großen Mengen an Daten, die durch die Überwachung der palästinensischen Bevölkerung gewonnen werden, zu speichern und auszuwerten. Es ist davon auszugehen, dass die dort gespeicherte Daten zum massenhaften Morden durch KI- und anderen System  genutzt wurden und werden. Außerdem hat Cisco Systems verschiedene Technologie-Hubs in der Naqab ausgestattet, bei dessen Bau Ortsansässige Beduinen vertrieben wurden. 

Neben den Technologiehubs in der Naqab wurden 45 weitere solcher Hubs in Palästina errichtet. Darunter fünf in dem besetzten Westjordanland und zwei weitere in den besetzten Golanhöhen.

Im Jahr 2022 kaufte die israelische Polizei das Kommunikationssystem „Nituv“ von Cisco Systems. Auch in den Jahren zuvor stattete Cisco Systems die israelische Polizei aus. Im Rahmen eines Projekts zur Entwicklung Jerusalems zur einer „Smart City“, installierte Cisco verschiedene Kommunikations- und Überwachungstechniken. Diese zielen vor allem auf die Überwachung der palästinensischen Bewohner*innen der Stadt.

Was hat die Uni Münster mit Cisco Systems zu tun?

Seit Anfang 2023 benutzt die Universität den VPN-Client Cisco Any Connect von Cisco Systems. Jede Studierende und Angestellter an der Universität Münster nutzt diesen VPN-Client, um eine VPN-Verbindung einzurichten. Diese wird beispielsweise genutzt, um von zu Hause auf die Onlineinhalte der Bibliotheken zugreifen zu können. Neben der Uni Münster benutzen viele weitere Unis (Universität Köln, Universität Bremen usw.) und andere Unternehmen Cisco Any Connect als VPN Client.

Dell

Wer ist Dell?

Dell Technologies Inc. ist ein US-amerikanisches multinationales Technologieunternehmen mit Produkten und Dienstleistungen in den Bereichen Computerhardware, Software, Netzwerksicherheit und Informationssicherheit.

Das Unternehmen ist der Hauptlieferant von Servern, Speichersystemen und IT-Dienstleistungen für das israelische Verteidigungsministerium und das israelische Militär.

Dells Komplizenschaft
  • Im Januar 2023 gewann Dell Technologies eine Ausschreibung des israelischen Verteidigungsministeriums über mehr als 150 Millionen US-Dollar für die Lieferung von Servern, Wartung und Ausrüstung an das israelische Militär. Finanziert wurde der Auftrag durch US-Auslandshilfe.
  • Im Juli 2024 sponserte und beteiligte sich Dell an der Konferenz „IT For IDF“ zur Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologie in militärischen Einsatz- und Unterstützungssystemen – im Kontext der israelischen Genozids in Gaza.
  • Bereits 2019 hatte das Verteidigungsministerium eine Ausschreibung zum Kauf von Dell-Laptops veröffentlicht.
  • EMC Israel Advanced Information Technologies:
    • EMC Israel Advanced Information Technologies ist eine vollständig im Besitz von Dell Technologies befindliche Tochtergesellschaft und  Hauptanbieter von Datenspeichersystemen für das israelische Militär. 2010 gewann EMC eine vom US-Militärhilfefonds finanzierte Ausschreibung im Wert von 300 Mio. USD zur Lieferung von Speicher- und Backup-Systemen für das Militär und Sicherheitsbehörden. Die Systeme bildeten die Grundlage für neue Rechenzentren im Rahmen des Naqab-Projekts, in dem auch Cisco involviert ist. Es ist davon auszugehen, dass die dort gespeicherte Daten zum massenhaften Morden durch KI- und anderen Systemen genutzt wurden und werden.
    • National Cyber Park und militärische Projekte im Naqab:
      • EMC, eine Tochter von Dell, ist Teil des Nationalen Cyber Parks im Naqab, der an den Technologiecampus der Division für Informations- und Kommunikationstechnologie des israelischen Militärs grenzt. Dell wurde außerdem für ein Projekt des Verteidigungsministeriums ausgewählt, um eine militärische Technologieeinrichtung im Rahmen der Militärverlagerung in den Süden aufzubauen. Das Projekt dient auch der Förderung von jüdischen Siedlungen im Naqab, während palästinensische Beduinengemeinden von Vertreibung und Unterdückung betroffen sind.
    • Zwischen 2019 und 2024 erhielt EMC über 22 Mio. NIS an staatlichen Fördergeldern für R&D im Cyberpark.
  • Im August 2018 beteiligte sich Dell an einem militärischen Hackathon für Einheiten der Cyberabwehr und IT-Direktion im Naqab.
Was hat die Uni Münster mit Dell zu tun?

Die Universität Münster bezieht nahezu alle ihre Rechner von Dell. Arbeitslaptops, Computer in den Bibliotheken und andere Geräte stammen überwiegend von diesem Hersteller. Grundlage dafür ist ein Rahmenvertrag zwischen der Universität und Dell, der die Beschaffung der Geräte zu günstigeren Konditionen ermöglicht.

Individueller Boykott von Dell-Rechnern?

Ein individueller Boykott von Dell-Rechnern ist an der Universität nur unter bestimmten Voraussetzungen realistisch. In der Regel können sich nur Personen mit einem gewissen Standing, etwa Professor*innen, ihre Geräte frei aussuchen. Studierende und andere Angestellte sind dagegen an die zentrale Beschaffungsentscheidung der Universität gebunden. Das bedeutet, um den Einsatz von Dell-Rechnern zu reduzieren, müsste die Universität Münster dazu bewegt werden, den bestehenden Rahmenvertrag aufzugeben und eine alternative Lösung zu finden.

Mehr zu High-Tech-Sektor in Israel und die Konsequenzen für die palästinensische Bevölkerung findest du hier